Was ist Verwahrentgelt?

Was ist Verwahrentgelt?

Das sogenannte Verwahrentgelt kennt man auch unter den Bezeichnungen Negativzinsen, Minuszinsen oder Strafzinsen. Damit sind im Finanzwesen jene Zinsen gemeint, welche beispielsweise ein Anleger für ein Bankguthaben an das Kreditinstitut bezahlen muss. Es handelt sich also um einen Negativpreis, welcher mathematisch als eine negative Zahl ausgedrückt ist. Dies ist natürlich genau das Gegenteil von dem, was sich ein Sparer für ihre Ersparnisse erwarten. Beim Verwahrentgelt der Kreditinstitute gelten meist bestimmte Freibeträge, welche von 5.000 Euro bis zu Millionenbeträgen reichen. Viele beschränken den Freibetrag, der von den Strafzinsen ausgenommen ist, auf 25.000 Euro oder weniger und einige Banken verlangen Verwahrentgelt bereits ab dem ersten Euro.

Arten von Negativzinsen

Allgemein gesehen sind Negativzinsen jene Zinsen, die ein Gläubiger oder Kreditgeber an den Schuldner oder Kreditnehmer entrichtet. Es fehlt jedoch eine obergerichtliche Klärung, ob derartige Strafzinsen überhaupt Zinsen im Rechtssinn darstellen. Im Finanzwesen unterscheidet man bei Zinsen die Begriffe Nominalzins, Rendite und Realzins.

  • Liegt der Zinssatz für einen Nominalzins unter 0 Prozent, ist dies ein sogenannter Negativzins für Spareinlagen. Laut Bundesfinanzministerium sind derartige negative Einlagezinsen keine steuerlich abschreibbare Verluste, sondern eine Verwahr- und Einlagegebühr für die Überlassung von Kapital.
  • Bei einer Rendite spielt zusätzlich der Kurs eines Wertpapiers eine Rolle. Eine Negativrendite kommt auch bei einem positiven Nominalzins vor, wenn der Kurs weit über pari liegt und den Nominalzins übersteigt.
  • Negative Realzinsen fallen bei einer Rendite unterhalb der Inflationsrate an. Auch wenn der Nominalzins und die Rendite positiv sind, sinkt trotzdem die Kaufkraft des Kapitals.

2015 platzierte die Bundesrepublik Deutschland beispielsweise erstmals eine zweijährige Staatsanleihe zu einem Nominalzins von −0,25 Prozent. Bei der 2016 emittierten 10-jährigen Bundesanleihe gab es einen Nominalzins von 0,00 Prozent, also keinen Negativzins, und einen Emissionskurs von 100,48 Prozent, also eine Negativrendite.

Wann Negativzinsen anfallen

Die Ursache für die Entstehung von Verwahrentgelt ist die andauernde Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie ist für die Zinspolitik der 19 Länder des Euroraums zuständig und hält seit 2014 den EZB-Leitzins im Minusbereich. Das bedeutet, die Banken müssen für Geldanlagen bei der EZB Minuszinsen bezahlen und einige Kommunen bekommen inzwischen Geld auf ihre Schulden. Diese andauernde Zinspolitik belastet auch die Sparer, denn viele Kreditinstitute können die Negativzinsen nicht mehr in vollem Umfang tragen. Viele Banken geben das Verwahrentgelt, das sie selbst an die EZB zahlen müssen, an ihre Kunden weiter. Bankkunden sollten sich genau informieren, denn viele Banken und Sparkassen weisen das Verwahrentgelt beim Girokonto nicht ausdrücklich in der sogenannten Entgeltinformation aus.

Welche Banken Negativzinsen verlangen

Der Refinanzierungsmarkt hat sich stark verändert, wovon die Großbanken profitieren, denn sie können am Kapital- und Geldmarkt günstiger Kredite aufnehmen. Die Einnahmen durch Spareinlagen ihrer Kunden spielen daher kaum noch eine Rolle. Regionale Genossenschaftsbanken finanzieren sich jedoch fast ausschließlich über diese Kundeneinlagen und sind von der europäischen Minuszinspolitik daher stark betroffen.

Deutsche Kreditinstitute ohne Strafzinsen sind ausgesprochen selten geworden, die meisten geben den negativen EZB-Einlagensatz mit 0,5 Prozent pro Jahr direkt an die Kunden weiter. Listen mit Banken, die Verwahrentgelt verlangen, lassen sich im Internet abrufen. Laut einer aktuellen Untersuchung belastet fast die Hälfte aller deutschen Kreditinstituten ihre Privatkunden und Firmenkunden mit Minuszinsen. Einige Banken gewähren bei Verwahrentgelt relativ niedrige Freibeträge und etwa ein Dutzend Institute haben keinerlei Freibeträge. Das höchste Verwahrentgelt in Deutschland verlangt die Bank 1 Saar mit 0,75 Prozent.

Viele Banken und Sparkassen geben die Erhebung von Verwahrentgelt beim Girokonto nicht ausdrücklich in der sogenannten Entgeltinformation an. Bei der Eröffnung eines Giro- oder Sparkontos sollte man auch genau hinsehen, wie der Vertrag formuliert ist. Bei einigen Banken gelten Freibeträge beispielsweise nicht pro Konto, sondern pro Kundenverbindung, also für alle unter einer Kundennummer registrierten Konten inklusive Verrechnungskonto und Wertpapierkreditkonto. Übersteigen die Kontostände aller dieser Einlagen den jeweiligen Freibetrag, fällt Verwahrentgelt an.

Höhe und Berechnung von Negativzinsen

Im Schnitt betragen die Negativzinsen bei den meisten deutschen Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken 0,50 Prozent pro Jahr auf private Einlagen, einige wenige berechnen nur 0,40 Prozent. Die höchsten Negativzinsen hat die Bank 1 Saar mit jährlich 0,75 Prozent ab jeweils 10.000 Euro auf einem privaten Tagesgeld- und Girokonto.

Für die Berechnung der Strafzinsen ist also der jeweilige Freibetrag der Bank vom vorhandenen Kapital abzuziehen. Anschließend ist der Restbetrag mit dem jeweiligen verrechneten Prozentsatz, meist 0,5, zu multiplizieren. Das Ergebnis geteilt durch 100 ergibt den Betrag, welcher pro Jahr zu bezahlen ist. Um den täglichen Minuszinsbetrag zu berechnen, ist dieser Jahresbetrag durch 365 zu teilen. Gibt es eine dreimonatliche Abrechnung für das Girokonto, ist der Tagesbetrag einfach mit der Anzahl von 90 Tagen zu multiplizieren.

Rechtsfragen zum Verwahrentgelt

Im Zivilrecht sind Negativzinsen nach wie vor umstritten, da eine höchstrichterliche Entscheidung fehlt. Bisher geht die Rechtsprechung von Einzelfällen aus und betrachtet Privatanleger eher schützenswert als institutionelle Anleger. Die Einführung von Negativzinsen bei bestehenden Altverträgen über Sicht-, Termin- oder Festgeldeinlagen ist beispielsweise ein Rechtsverstoß und daher nichtig. Negativzinsen für Sichteinlagen auf einem Girokonto, für welches Kunden bereits Kontoführungsgebühren bezahlt haben, gelten als unangemessen. Das bedeutet, Negativzinsen auf kostenpflichtigen Girokonten für Neu- und Bestandskunden sind nicht zulässig. Bei Neuverträgen, sei es ein Individualvertrag im Rahmen des Darlehensvertragsrechts oder ein atypischer Verwahrungsvertrag, gelten Negativzinsen hingegen als zulässig.