Steuergerechtigkeit

Steuergerechtigkeit

In Deutschland ist die sogenannte Steuergerechtigkeit ein wesentlicher Grundsatz des Steuerrechts, welcher auf dem grundrechtlichen Gleichheitssatz beruht. Dieses Prinzip fordert unter anderem die Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Weiters sollen sich laut Leistungsfähigkeitsprinzip alle Steuern und Abgaben an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen orientieren. Ein weiterer Grundsatz richtet sich nach dem Folgerichtigkeitsprinzip und lautet, dass alle Steuern in sich schlüssig ausgestaltet sein müssen.

Kein Solidaritätszuschlag in 2021

Unter dem Titel der Steuergerechtigkeit beschloss der Gesetzgeber, dass 2021 der Solidaritätszuschlag für fast alle in Deutschland entfällt. Etwa 90 Prozent aller Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen werden vollständig von der Zahlung befreit und weitere 6,5 Prozent bezahlen künftig weniger.

Leistungsfähigkeitsprinzip

Um die Verteilung der Steuerlast zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben möglichst auf Basis Steuergerechtigkeit vorzunehmen, kommt das Leistungsfähigkeitsprinzip zur Anwendung. Das bedeutet, dass nicht jeder gleich viel Steuern zahlen muss. Stattdessen betrachtet der Gesetzgeber die persönlichen Lebensverhältnisse jedes Steuerpflichtigen. Einkommen, Familienstand und Anzahl der Kinder beeinflussen die Festlegung der Steuerlast, um die Höhe der öffentlichen Abgabe nach der individuellen Leistungsfähigkeit auszurichten. Besserverdienende haben also einen höheren Einkommensteuersatz und Geringverdiener sind unter Umständen völlig steuerbefreit.

Es gibt in Deutschland bestimmte Minimalvorgaben hinsichtlich der steuerlichen Leistungsfähigkeit:

  • Steuerfreiheit des Existenzminimums, damit dem Steuerzahler nach der Besteuerung genügend Geld für ein menschenwürdiges Leben bleibt
  • Familiensteuergerechtigkeit berücksichtigt die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber Angehörigen.
  • Rechtsformneutralität: Für Unternehmen gilt, dass unabhängig von der Rechtsform vergleichbare wirtschaftliche Sachverhalte eine gleiche steuerliche Belastung erzeugen.
  • Soziale Steuergerechtigkeit bietet Anreize zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit, zum Sparen und zur Eigentumsbildung.

Gleichmäßigkeit

Zur Steuergerechtigkeit gehört die Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Das bedeutet, dass all jene, welche die gleiche Besteuerungsgrundlage erfüllen, auch dieselbe Steuerbelastung tragen. Es ist also nicht möglich, mit dem Finanzamt über die Höhe und den Zeitpunkt der Zahlung zu verhandeln oder Sonderrechte in Anspruch zu nehmen. Dies gehört zu dem Ziel jeder Verwaltung, eine möglichst gerechte Verteilung der Steuerlast vorzunehmen. Steuersysteme sollen also nicht bestimmte gesellschaftliche Interessengruppen bevorzugen beziehungsweise Steuerumgehungsmöglichkeiten bieten. In diesen Fällen droht eine Störung des Rechtsempfindens und sogar eine steuerliche Abwanderung ins Ausland.

Folgerichtigkeitsprinzip

Es ist notwendig, die Steuergesetze und Berechnungsprinzipien möglichst schlüssig und verständlich zu halten. Die Steuerlast für die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hängt beispielsweise von der wirtschaftlichen Position des Steuerzahlers ab. Aus Gründen der Klarheit unterscheidet man

Horizontale Steuergerechtigkeit: Steuerpflichtige sind bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern
Vertikale Steuergerechtigkeit: Steuerpflichtige mit ungleicher Leistungsfähigkeit müssen unterschiedlich hohe Steuern zahlen

Jedoch gilt es hier genau zu erfassen:

  • die Form der Leistungsfähigkeitsmessung (Indikatoren)
  • die Gestaltung des Steuertarifs
  • die Umsetzung des Gerechtigkeitspostulats in den Steuergesetzen

Steuertarifgestaltung

Als Indikatoren der Leistungsfähigkeit gelten Einkommen, Konsum und Vermögen. Es gibt daher die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer, um das Einkommen zu besteuern. Die Umsatzsteuer besteuert den Konsum, die Erbschaftsteuer und die Vermögensteuer sind Steuern für das Vermögen. Zur Gestaltung des Steuertarifs tragen diverse direkte und indirekten Steuern bei.

In Fragen des Gerechtigkeitspostulats gibt es zwei Theorien:

  • Die Reinvermögenszugangstheorie beruht darauf, alle erzielten Einnahmen und Wertsteigerungen beziehungsweise Vermögensmehrungen zwischen zwei Stichtagen zu besteuern.
  • Die Quellentheorie beruht auf der Idee, nur regelmäßig zufließende Einnahmen zu besteuern.

Bei der Umsetzung des Grundsatzes der Gleichheit der Besteuerung kommt besonders in Fragen der Steuer auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Vergleich zu jenen Steuern auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zum Tragen. Gibt es viele Begünstigungen für Selbständige, kann das ein Anreiz für eine selbständige Tätigkeit sein. Sind Selbständige viel höher besteuert, kann dies die Produktivkräfte in ein Angestelltenverhältnis drängen. Es gilt daher, ein ausgeglichenes Verhältnis der Steuertarife anzustreben.

Steuerprivilegien

Als Steuerprivilegien bezeichnet man Steuervergünstigungen, die Ausnahmecharakter haben und die festzusetzende Steuer ermäßigen. In der Umgangssprache gelten so gut wie alle Steuervorteile als Steuerprivilegien. Im engeren Sinn ist eine Steuerminderung nur dann ein echtes Privileg, wenn es steuerliche Begünstigung nur für eine bestimmte Personengruppe auf Basis der Gewinnermittlung (Landwirte) gibt oder nur für eine bestimmte Verhaltensweise (Spenden an gemeinnützige Organisationen).